Gustav Metzger. Modelle

Aequivalenz. Shattered Stones

17. Juni — 30. September 2007

Eröffnung27. Juni, 19:00 Uhr
AusstellungsortWestfälischer Kunstverein, Domplatz 10, 48143 Münster
ÖffnungszeitenDi-So von 10-10 Uhr
Eintrittfrei

Weniger als einen Künstler kann man den Londoner Künstler Gustav Metzger (*1926 in Nürnberg) als einen Aktivisten bezeichnen. Seit den späten 1950ern und 1960ern Jahren gehört er zu den wichtigsten Vertretern der Aktionskunst.  Zu der Zeit schuf er mit seinen fünf Manifesten zur ‚Autodestruktiven Kunst’ die Grundlage für eine Kunst, bei der Zerstörung eine zentrale Rolle spielt. Als Reaktion auf die nukleare Bedrohung, fortschreitende Umweltzerstörung, Auswirkungen menschlicher Einflussnahme auf die Natur sowie die Entwicklung der Kunst hin zur bloßen Ware greift die Autodestruktive Kunst das vorgefundene destruktive Potential auf, um es in Kreativität umzuwandeln. Metzger sucht in vergänglichen Statements die Überraschung des Eingriffs, die aufstören und mahnen soll. Damit stellt sein Vorgehen auch die Wertigkeit des Kunstobjekts in Frage. Modelle, Manifeste und Dokumentationen sind die Fragmente, die Metzgers Ansatz und Denkweise transportieren.

Der Einfluss von Metzgers Autodestruktiven Konzepten reicht bis zu den Bühnenauftritten von Rockbands wie „Cream“ und „The Who“, deren Gitarrist Pete Townshend seine legendären Gitarrenzertrümmerungen auf der Bühne in direktem Bezug zu Metzger setzte. 1966 verhilft der Künstler als Initiator des Destruction in Art Symposiums (DIAS) in London, des wichtigsten Treffens von KünstlerInnen dieser Zeit, neuen Tendenzen in der Kunst zu internationaler Aufmerksamkeit – die Wiener Aktionisten erhalten hier ihr erstes Publikum. 
1974, zur Teilnahme an der Ausstellung Art into Society – Society into Art in London eingeladen, verzichtet er auf einen eigenen Beitrag zur Ausstellung. Stattdessen ruft er im Katalog zu Years without Art 1977-1980 auf, einem dreijährigen Kunststreik, der das Potential politisch engagierter Kunst vor seiner Verharmlosung durch das Establishment und den Kunstmarkt bewahren soll. 
In gleichem Maße wie bei seiner künstlerischen Arbeit engagiert sich Gustav Metzger in theoretischen Vorträgen, Symposien und politischen Foren. Die Konsequenz seiner künstlerischen Haltung und seine Kompromisslosigkeit gegenüber den Mechanismen des Kunstbetriebes sind auch der Grund für die Außenseiterposition, die Gustav Metzger bis heute einnimmt und verteidigt.

In Rahmen der Kooperation des Westfälischen Kunstvereins mit skulptur projekte münster 07 wird Metzgers Projekt für den Außenraum seine Station im Ausstellungsraum finden. Aequivalenz. Shattered Stones ist ein ephemeres Denkmal, das aus der täglichen Platzierung von Steinen im Innenstadtbereich Münsters besteht. Als stetig wachsendes Mal, das nach der Ausstellung wieder verschwindet, mahnt es an die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs in Münster und Coventry mit einer einfachen Geste des Ausgleichs.

Weitere Informationen unter www.aequivalenz.com

Veranstaltungen

Dritter Donnerstag: 19. Juli
, 16. August, 20. September, jeweils 18.30 Uhr

Fahrradführung skultur projekte münster 07

Treffpunkt: Foyer des Landesmuseums

Nur für Mitglieder des Westfälischen Kunstvereins. Begrenzte Teilnehmerzahl.

Voranmeldung unter Tel.: 0 251 – 46157

 

21. September, 19 Uhr

Gustav Metzger im Gespräch

Moderation: Carina Plath

Im Ausstellungsraum des WKV

Gustav Metzgers Projekt für skulptur projekte münster 07 und die Präsentation seiner Modelle im Westfälischen Kunstverein gehören zu den Ereignissen dieses Kunstsommers, die sich langsam aber dauerhaft einprägen: die Unterschwelligkeit der manifesten Präsenz des wachsenden Mahnmals mit dem Titel Aequivalenz. Shattered Stones ebenso wie die Sprengkraft der frühen Manifeste und Modelle Metzgers. Jetzt hat der Westfälische Kunstverein den über achtzigjährigen Künstler erneut nach Münster eingeladen, um auch dem Publikum die Möglichkeit zu geben, Gustav Metzger im Gespräch kennen zu lernen und neue Einsichten in seine radikale Kunstposition zu erlangen.
Im Jahr 1959 formulierte Metzger (*1926, Nürnberg) zum ersten Mal seine Vorstellung einer Auto-Destruktiven Kunst, die er als Kunst für den öffentlichen Raum und als „Transformation von Technik in öffentliche Kunst“ beschrieb. Das Prinzip der Zerstörung, die das 20. Jahrhundert dominiert hat, wird durch die Anwendung von Zerstörung in der Kunst kritisiert. Metzger setzt die Maschinen gegen sich selbst ein und fordert eine reflektierte Auseinandersetzung von Künstlern gegenüber der von ihnen benutzten Technologie. In einem Zeitalter, in dem die Menschheit aufgrund der Entfernung von Natur und Entwicklung von Technologien auf ihre Selbstzerstörung zusteuert, ist für Metzger die Kunst der Tanz am Abgrund. Ästhetik ist der Mahnung verpflichtet, die in ihrer befristeten Zeit der Aktivität, bevor sie sich selbst zerstört, einem vehementen Aufruf gleichkommt.
Weniger als von einem künstlerischen Oeuvre muss man im Fall Metzger von einer Fülle von Aktivitäten reden: von seinem Engagement in verschiedenen Umweltbewegungen, von seinem Aufruf zu einem Künstlerstreik (1974), von seinem Interesse an der kritischen Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus. In der Konsequenz ist das ästhetische Objekt zweitrangig; Metzgers künstlerische Aktivitäten finden Form in Information, Modellen sowie Lesungen und Demonstrationen.