Sonia Kacem

„Between the scenes“    

19. Oktober 2019–2. Februar 2020

EröffnungFreitag, 18. Oktober 2019 
(Eintritt frei)
AusstellungsortWestfälischer Kunstverein, Rothenburg 30, 48143 Münster
ÖffnungszeitenDienstag-Sonntag von 11-19 Uhr
Eintritt4 € / ermäßigt 2 € / Mitglieder frei

Die künstlerische Praxis der tunesisch-schweizerischen Bildhauerin Sonia Kacem (*1985) ist bestimmt von einer sensiblen Auseinandersetzung mit Materialien, aus denen sie prozessorientierte skulpturale Inszenierungen entwickelt, die trotz ihrer abstrakten Form vielfältige Assoziationen erlauben. Im Westfälischen Kunstverein präsentiert sie in einer großen installativen Geste, die den gesamten Ausstellungsraum begreift, erstmals die Früchte ihrer künstlerischen Recherche im Rahmen eines halbjährigen Arbeitsaufenthalts in Kairo zu Beginn dieses Jahres. Den arabischen Kulturraum, aufgrund ihrer eigenen Wurzeln, mit einem diffusen Heimatgefühl verbindend, beabsichtigte Kacem, sich in Kairo der islamischen Kunst zu widmen, um ein Verständnis für diese Herangehensweise an nicht-figurative Kunst zu entwickeln, die auf ganz anderen Parametern basiert als die Abstraktion der Moderne in unserem westlichen Kulturkreis. Vor Ort dokumentierte Kacem mithilfe von fotografischen Schnappschüssen und kleinen Videosegmenten ihre Eindrücke und ordnete in zahlreichen Skizzen ihre Gedanken. Dieses Recherchematerial kann im kleinen Ausstellungsraum gesichtet werden und dient als „visuelle Notiz“, als Angebot, den Spuren und Eindrücken der Künstlerin zu folgen, um sich somit den Werken in der Ausstellung auf eine visuell-intuitive und assoziative Weise nähern zu können. Die Skizzen veranschaulichen Kacems Interesse an den Übergängen von Abstraktion zu Figuration, von Fläche zu Volumen. An ihnen lassen sich auch Versuche ablesen, die zur Installation im Hauptausstellungsraum geführt haben: die Formfindung der „half spheres“ aus Wabenpappe gelang durch eine Bezugnahme auf die Grundzüge der Entwicklung von islamischen Mustern. Ausgehend von einem Punkt, der sich zu einem Kreis in die Zweidimensionalität ausdehnt, können in Kombination und Abwandlung geometrischer Figuren alle erdenklichen Muster entstehen. Der Kreis diente Sonia Kacem als Grundform, und sie entwickelte darauf aufbauend ein System, wie dieser sich aus den immergleichen Einzelteilen bis zur Dreidimensionalität entfalten kann. Sonia Kacems Sammlung an Fotografien aus Kairo enthält viele Abbildungen von bunten Häuserfassaden mit Balkonen und aufgehängten Stoffen (eine davon ziert die Einladungskarte). Für Kacem wirkte dies wie ein rarer Ausdruck von Individualität und Freiheit in einem ansonsten stark reglementierten öffentlichen Raum, dessen sie sich insbesondere als Frau bewusst wurde. Konsolen, die die Balkone stützen, Pfeiler an und in Gebäudeecken finden sich in Skizzen der Künstlerin und beeinflussten ihre Installation im Kunstverein. Auch hier sind die Raumecken verdeckt und zugleich hervorgehoben, wieder den Viertelkreis als wiederkehrende und vielseitige geometrische Form aufgreifend. Mit schweren (Markisen-) Stoffen arbeitet Sonia Kacem bereits seit 2010 wiederkehrend. Sie reizt die formale Nähe zur Leinwand, aber auch das Potenzial zum Volumen, die klassischen Farben, die vielen (hauptsächlich positiven) Konnotationen. Hier wird dieses Gefühl gestört oder zumindest irritiert durch die Ausstülpungen der ansonsten parallel zur Wand verlaufenden Stoffbahn. Und natürlich durch die schiere Größe, die ungewohnte Proportion, in der man als Betrachterin mit der Installation konfrontiert wird. Sonia Kacem hat hierfür eine Unterkonstruktion entwickelt, die es ihr erlaubte, flexibel und spontan vor Ort die genauen Kurven und dreidimensionalen Ausbrüche des Stoffes zu bestimmen. So bleibt „two curved angles and three walls“ trotz seiner Dimension vor allem eine künstlerische Geste, die „lediglich“ ins Riesenhafte vergrößert wurde. Ähnlich verhält es sich mit „to stammer a pattern“ im Foyer, wo Kacem ihre Form- und Musterstudien aus den Skizzenbüchern in den Raum überträgt. Auch hier wird die Bedeutung der Geste deutlich, wenn sie wie in frühen Schreibübungen zum Erlernen eines neuen Alphabets immer wieder die gleichen Schwünge wiederholt.

 

 

Die Ausstellung wird kuratiert von Kristina Scepanski.

 

 

 

Die Ausstellung von Sonia Kacem wird gefördert von der Kunststiftung NRW sowie von Pro Helvetia, Schweizer Kulturstiftung. 
Unterstützt durch eine großzügige Materialspende von Schmitz Textiles GmbH + Co. KG, Emsdetten.


Veranstaltungen

Ausstellungsrundgang mit der Künstlerin
Samstag, 19. Oktober um 12 Uhr

 

Kuratorinnenführungen mit Kristina Scepanski
Samstag, 30. November um 12:30 Uhr
Donnerstag, 5. Dezember um 18 Uhr
Freitag, 17. Januar um 17 Uhr 

 

Finissage mit Filmvorführung
Yousry Nasrallah: المدينة / El Medina / The City, 1999, 105 min.

Ägyptisch-arabisches Original mit engl. UT
Sonntag, 2. Februar um 13 Uhr, Eintritt frei

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