RADAR: Mira Sasse

 

 

„GEPRÄGE“

 

07. Juli – 16. September 2018

Eröffnung

Freitag, 6. Juli 2018 um 19 Uhr
(parallel zur Eröffnung von Femke Herregraven "A reversal of what is expected")

AusstellungsortRADAR
Zugang über den Westfälischen Kunstverein, Rothenburg 30,
48143 Münster
ÖffnungszeitenDienstag-Sonntag von 11-19 Uhr
Eintrittfrei

 

Die Künstlerin Mira Sasse setzt sich für die Ausstellung „GEPRÄGE“ mit dem Wiederaufbau Münsters nach 1945 auseinander. Für die elfte Ausgabe der Reihe RADAR, einer Kooperation des LWL-Museums für Kunst und Kultur und des Westfälische Kunstvereins, installiert Sasse in der Galerie der Gegenwart Gerüste aus Holz und Hanfseil, ähnlich den Konstruktionen, die in der Nachkriegszeit eine Weile das Stadtbild der zerbombten Innenstadt prägten. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges lag die Münsteraner Innenstadt in Trümmern. Neben der Trauer um die Zerstörung überwog unter der Bürgerschaft und den Kaufleuten der Wille, Rathaus, Markt und Geschäfte wiederaufzubauen. Während andernorts die Städte häufig nach damals modernen städtebaulichen Standards wiedererrichtet wurden, orientierte man sich in Münster am mittelalterlichen Grundriss und baulich am historischen Bestand. Mira Sasse interessiert sich besonders für den Zeitraum, in der die Stadt einer riesigen Baustelle gleichkam und nur noch wenig von ihrer ursprünglichen Substanz und Gestalt übrig war. Um das Gepräge Münsters nach 1945 wiederherstellen zu können, baute man zahlreiche Holzgerüste und rüstete die Fassaden für mehrere Jahre komplett ein. Das Wort „Gepräge“, das titelgebend für die Ausstellung, stammt aus der Münzkunde und beschreibt die Prägung von Bild und Schrift auf Münzen und Medaillen. Es wird aber auch als Ausdruck für ein kennzeichnendes Aussehen und eine charakteristische Eigenart verwendet. In ihrer Installation konfrontiert die Künstlerin nun den modernen „White Cube“ des Museumsraums mit rustikalen Fichtenholzgerüsten. Die gebaute Konstruktion verweist als materiell gewordener Anachronismus auf einen Wendepunkt in der Geschichte der Stadt und verändert temporär in der Galerie der Gegenwart das Gepräge des Ausstellungsraumes. Optisch unterbricht das Gerüst die Großzügigkeit und Ruhe des Raumes. Offenheit und Rhythmik des Bauwerks, der Gerüstketten und Hanfseile und die Unebenheiten des Stangenmaterials betonen in der Strukturverdichtung die Eigenständigkeit der Skulptur. Die Gerüste als erhabene, temporäre Hilfskonstruktionen suggerieren ein Aufwärtsstreben und Veränderung. Sie verweisen auf einen vergangenen Zustand und gleichzeitig auf einen Punkt in der Zukunft. Sicher ist stets, dass die Gerüste nur übergangsweise bleiben, als produktive, temporäre Störung, die ausgehalten werden muss bis etwas Neues entsteht oder eine alte Ordnung wiederhergestellt ist. Andererseits erzeugen sie eine Atmosphäre der Spannung und Freude in Erwartung auf das Kommende. In der Auswahl und Verarbeitung des verwendeten Materials ist die Faszination der Künstlerin für das historische Gerüstbau-Handwerk deutlich zu spüren. Die Papierarbeit an der dem Galeriefenster gegenüberliegenden Wand kann als Hommage von Sasse an die Besonderheit der „Münsteraner Lösung“ des Gerüstbaus verstanden werden. Die Prägung auf Papier zeigt drei stilisierte Betonfässer: Aufgrund der schmalen Gassen in der Innenstadt, ließ man zur Standfestigkeit des Gerüstes in Münster – statt der sonst üblichen diagonal zu den Pfeilern befestigten Stützstreben – die Ständer in mit Beton gefüllte Fässer ein.

Mira Sasse (*1988, Lennestadt-Altenhundem) studiert an der Kunstakademie Düsseldorf in der Klasse von Stefan Kürten. Sie lebt und arbeitet in Wuppertal.

 

Die Ausstellung wird kuratiert von Jenni Henke und Eline VanDijk. 

 

Foto: LWL/Anne Neier

 

 

 

Eine Kooperation des LWL-Museums für Kunst und Kultur und des Westfälischen Kunstvereins

 

 

Seit 2015 zeigen das LWL-Museum für Kunst und Kultur und der Westfälische Kunstverein in Kooperation aktuelle Positionen jüngerer Künstlerinnen und Künstler. Der Name der Ausstellungsreihe RADAR verweist auf die Beobachtung anregender Kunstproduktionen. Die ausgestellten Werke geben Einblicke in ein aktuelles Arbeits- oder Interessensfeld, ohne die Entwicklung eines Gesamtwerks bereits ins Blickfeld zu rücken. Damit sind das Experimentieren, Scheitern und Erproben wichtige Aspekte des kooperativen Konzepts zwischen dem LWL-Museum für Kunst und Kultur und dem Westfälischen Kunstverein. Der Schaufenster-Raum RADAR vermittelt erstmals räumlich, konzeptuell und inhaltlich zwischen den beiden Institutionen. Während der Laufzeit der Ausstellungen ist RADAR über den Kunstverein begehbar. Der Ausstellungsraum wird somit nicht nur als Schaufenster genutzt, sondern kann sowohl von innen als auch von außen betrachtet werden. Der Eintritt ist frei.

 


Mit Unterstützung von


Veranstaltungen

Krise und Dekoration“ :

Mira Sasse im Gespräch mit Alexander Wagner (Literaturwissenschaftler, Wuppertal):

Donnerstag, 16. August 2018 um 18 Uhr

 

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