RADAR: Esper Postma

 

 

„Salome“

 

19. Oktober 2019 – 2. Februar 2020

Eröffnung

Freitag, 18. Oktober 2019 um 19 Uhr
(parallel zur Eröffnung von Sonia Kacem im Westfälischen Kunstverein)

AusstellungsortRADAR
Zugang über den Westfälischen Kunstverein, Rothenburg 30,
48143 Münster
ÖffnungszeitenDienstag-Sonntag von 11-19 Uhr
Eintrittfrei

 

 

 

Esper Postma untersucht in seiner künstlerischen Praxis die Veränderlichkeit von Bildern im Laufe der Zeit: Zuschreibungen und Bedeutungen entwickeln sich weiter, ändern sich, werden überschrieben oder wiederentdeckt. Dabei spiegeln sie stets die jeweils zeitgenössischen Überzeugungen und Moden, um sie gleichsam zu stützen und herauszubilden. Postma betrachtet Bilder und Artefakte vom Mittelalter bis hin zu aktueller Popkultur und zeigt in seinen neuesten Installationen die Verbindungen zwischen den Repräsentationen in verschiedenen Zeiten und Kontexten auf. Für seine Ausstellung „Salome“ recherchierte Postma in den Sammlungsbeständen des LWL-Museums für Kunst und Kultur, genauer in den Depots, wo Objekte lagern, die zeitweise nicht im Museum präsentiert werden. Hier nahm Postma vor allem jene Skulpturen in Augenschein, die menschliche Körper(teile) darstellten und/oder nur noch fragmentarisch erhalten sind. Eines dieser Sammlungsobjekte stellt den Angelpunkt der Ausstellung „Salome“ dar: Eine sogenannte Johannesschüssel (um 1400) aus Eichenholz, die den abgeschlagenen Kopf Johannes’ des Täufers darbietet. Objekte dieser Art dienten meist dem geistlichen Spiel, wie etwa Aufführungen der Johannes-Passion, waren daher leicht zu transportieren und mitunter sogar zerlegbar. Esper Postma nimmt die biblische Figur des Johannes und die mit ihm verbundene Salome-Legende zum Ausgangspunkt seiner Ausstellung, für die er sich mit den Darstellungsmodi und -parametern dieser Erzählung auseinandersetzt und diese im Wandel der Jahrhunderte betrachtet. Die biblische Geschichte bietet den Hintergrund, vor dem die jeweils zeitgenössischen Vorstellungen von Religion, Geschlechterrollen und (Sexual-) Moral verhandelt wurden. In der ursprünglichen, biblischen Erzählung kritisiert Johannes König Herodes für seine Heirat mit Herodias und wird dafür inhaftiert. Herodias wünscht den Tod des Johannes, was Herodes verweigert. Salome, die Tochter der Herodias, tanzt auf dem Geburtstagsbankett Herodes’ so verführerisch, dass Herodes verspricht, ihr jeden Wunsch zu erfüllen. Angestiftet von ihrer Mutter Herodias bittet Salome um den Kopf des Johannes’, der ihr daraufhin in einer Schüssel dargebracht wird.

Postmas Videoinstallation „Dance of the Seven Veils“ ist eine Montage von Salomes Tänzen vor Herodes aus sieben verschiedenen Filmen des 20. Jahrhunderts. Während sich manche Filme an der biblischen Erzählung orientieren, nehmen sich andere das Drama „Salome“ (1891) von Oscar Wilde (1854-1900) zum Vorbild. Zur Zeit seiner Veröffentlichung höchst umstritten und gar zensiert in England, dichtet Wilde die Erzählung dahingehend um, dass Salome sich in Johannes verliebt, der sie brüsk abweist. So wird ihr Tanz zu einem kalkulierten Rache-Akt, in dem sie ihre Sexualität einsetzt, um Johannes’ Kopf zu erhalten, den sie daraufhin küsst.

Der Kunsthistoriker Aby Warburg (1866-1929) nutzte den Begriff der „Wanderung“, um zu beschreiben, wie sich Symbole und Bilder zwischen den Kulturen, Zeit und Raum bewegen, wiederentdeckt und -benutzt oder in ihrer Bedeutung überschrieben werden. Wie auf Wörtern lagern auch auf Bildern Erinnerungen sowohl vertrauter als auch fremder Kontexte. Die Porzellanskulptur „Glossolalia“ basiert auf Abgüssen vom Hals des Künstlers. Glossolalia, oder das „Sprechen in Zungen“, beschreibt das Sprechen einer Sprache, die man nicht bewusst erlernt hat – ein göttliches Zeichen in biblischen Erzählungen. Postmas Bodenskulptur erinnert an fragmentierte Körperteile unterschiedlicher Größe und suggeriert eine schleichende Bewegung im Raum aus sich ständig wiederholenden, regenerierenden, sich zusammensetzenden und wieder trennenden Körpern.

Esper Postma (*1988, Amsterdam) hat zunächst an der Gerrit Rietveld Academy in Amsterdam studiert, um anschließend sein Studium an der Städelschule Frankfurt bei Willem de Rooij 2015 abzuschließen. Postma lebt und arbeitet in Amsterdam und Berlin.

 

Die Ausstellung wird kuratiert von Jenni Henke und Marie Meeth.

 

 

 

Foto: LWL/Hanna Neander


Performance von Esper Postma

„The Perils of Toto Koopman“

Freitag, 13. Dezember 2019 um 18 Uhr

in englischer Sprache


Eine Kooperation des LWL-Museums für Kunst und Kultur und des Westfälischen Kunstvereins

 

Seit 2015 zeigen das LWL-Museum für Kunst und Kultur und der Westfälische Kunstverein in Kooperation aktuelle Positionen jüngerer Künstlerinnen und Künstler. Der Name der Ausstellungsreihe RADAR verweist auf die Beobachtung anregender Kunstproduktionen. Die ausgestellten Werke geben Einblicke in ein aktuelles Arbeits- oder Interessensfeld, ohne die Entwicklung eines Gesamtwerks bereits ins Blickfeld zu rücken. Damit sind das Experimentieren, Scheitern und Erproben wichtige Aspekte des kooperativen Konzepts zwischen dem LWL-Museum für Kunst und Kultur und dem Westfälischen Kunstverein. Der Schaufenster-Raum RADAR vermittelt erstmals räumlich, konzeptuell und inhaltlich zwischen den beiden Institutionen. Während der Laufzeit der Ausstellungen ist RADAR über den Kunstverein begehbar. Der Ausstellungsraum wird somit nicht nur als Schaufenster genutzt, sondern kann sowohl von innen als auch von außen betrachtet werden. Der Eintritt ist frei.


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